02.08.2021

Nachwuchs gesichert, Image verändert

Staffelübergabe im Aktionsbündnis: Nach sieben Jahren übergibt Professor Stephan Letzel den Vorstandsvorsitz an Professor Thomas Kraus

„Meine Familie sagt, ich solle jetzt mal kürzertreten“, scherzt Professor Stephan Letzel. Der Leiter des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat sich in seinem Berufsleben in mehr als einem Dutzend Verbänden und Organisationen für die Arbeitsmedizin stark gemacht: Er gründete das Aktionsbündnis Arbeitsmedizin und das Institut für Lehrergesundheit, erhielt für seine außerordentliche Verdienste unter anderem die höchste Auszeichnung der deutschen Ärzteschaft und das Bundesverdienstkreuz. Kein Wunder, dass die Familie den 67-jährigen Überzeugungstäter jetzt zur Pause drängt.

Im Frühjahr 2021 übergab er den Vorstandsvorsitz an seinen langjährigen Kollegen Professor Thomas Kraus. Der Leiter des Instituts für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Umweltmedizin am Universitätsklinikum Aachen steht seinem Vorgänger in nichts nach: auch er ein Vollblut-Arbeitsmediziner, der für das Fachgebiet brennt und viel mit dem Aktionsbündnis vorhat. Ein Gespräch mit beiden Arbeitsmedizinern über Vergangenes und Kommendes.

Sehr geehrter Herr Professor Letzel: 2014 haben Sie das Aktionsbündnis Arbeitsmedizin gegründet, sieben Jahre später geben Sie den Vorstandsvorsitz weiter. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?

Professor Letzel: Unser wichtigster Erfolg war und ist, dass sich wieder mehr junge Menschen für die Arbeitsmedizin interessieren. Sie erkennen, dass die Prävention wie die Kuration einen wichtigen Beitrag in unserem Gesundheitssystem leistet. Zu dieser Entwicklung hat das Aktionsbündnis mit seiner Stipendienvergabe und seiner Imagekampagne maßgeblich beigetragen.

Herr Professor Kraus: Jetzt übernehmen Sie den Vorstandsvorsitz. Was macht das Aktionsbündnis für Sie so attraktiv?

Professor Kraus: Der Zusammenschluss so vieler unterschiedlicher Akteure, die alle ein gemeinsames Ziel verfolgen: die Attraktivität der Arbeitsmedizin zu steigern und dadurch Nachwuchs zu gewinnen. Das finde ich sehr lohnenswert. Da will ich mitmachen.

Professor Letzel: Das ist in der Tat etwas ganz Besonderes: Alle Mitglieder unseres Bündnisses haben ihre Einzelinteressen zugunsten des gemeinsamen Ziels zurückgestellt und sich eingebracht: mit ihrem Knowhow, ihren Ideen und ihrer finanziellen Unterstützung.

Herr Professor Kraus, was sind Ihre Pläne mit dem Aktionsbündnis?

Mein Traum ist es, dass Arbeitsmediziner und -medizinerinnen in den Betrieben in interdisziplinären Teams die Prävention im Betrieb vorantreiben. Dass die Schnittstellen zu den klinischen Disziplinen wie beispielsweise Orthopädie oder Dermatologie besser etabliert werden und reibungsloser funktionieren können. Wenn es uns gelingt, dass die Arbeitsmedizin als gleichberechtigtes Fachgebiet auf Augenhöhe mit den klassischen Fachgebieten wahrgenommen wird, haben wir keine Nachwuchssorgen mehr.

Eine Entwicklung, die durch den vereinfachten Zugang zur Arbeitsmedizin gefördert wird?

Ja! Um als Arbeitsmediziner tätig werden zu können, benötigte man bislang Weiterbildungszeiten in den Fachgebieten Innere oder Allgemeinmedizin. Nach der neuen Musterweiterbildungsordnung werden nunmehr auch andere Disziplinen anerkannt. Das heißt: Wir arbeiten jetzt mit Kolleginnen und Kollegen beispielsweise mit orthopädischen oder dermatologischen Kenntnissen zusammen. Das ist eine unheimliche Bereicherung für das Fach: der Zugang wird leichter, die Tätigkeit in der Zusammenarbeit noch vielfältiger und spannender.

Professor Letzel, Professor Kraus, vielen Dank für das Gespräch.

Sehen Sie hier das komplette Interview mit Professor Kraus bei YouTube