Bundesärztekammer: Arbeitsmedizin stärken
„Wenn man die Arbeit liebt, die man macht, fühlt sie sich nicht wie Arbeit an“, sagt Dr. Annegret E. Schoeller, die seit mehr als zwanzig Jahren in der Geschäftsführung der Bundesärztekammer (BÄK) tätig ist. Als Berufsvertretung kümmert sich die BÄK um die berufspolitischen Belange der Ärztinnen und Ärzte auf Bundesebene. Wie sie das macht? „Indem der Vorstand der BÄK Aufgaben identifiziert und angehen will. Dann werden neue Ideen und Konzepte entwickelt, erst dem Vorstand und dann dem Deutschen Ärztetag sowie den Landesärztekammern zur Verabschiedung und möglichen Umsetzung vorgelegt. Dies ist gelebte Demokratie“, so die Fachärztin für Arbeits- und Umweltmedizin.
Dr. Annegret E. Schoeller war ab Eintritt in das Hauptamt langjährig innerhalb der BÄK zunächst als Referentin und später als Bereichsleiterin für die Versorgungs-Bereiche Stationäre Versorgung, Öffentlicher Gesundheitsdienst (ÖGD), ärztliche Psychotherapie, Rehabilitation und natürlich Arbeitsmedizin zuständig. Später änderte sich die Zuständigkeit, aber Arbeitsmedizin und Rehabilitation blieben. Auf die Frage, wie es dazu kam, berichtet sie: „Nach dem Medizinstudium habe ich ein Jahr im Gesundheitsamt Essen gearbeitet. Danach war ich für vier Jahre als Stationsärztin und wissenschaftliche Assistentin in der Inneren Medizin zunächst am 1. Lehrstuhl für Angiologie und dann in die Nephrologie des Universitätsklinikums Essen tätig, später an deren Institut für Hygiene und Arbeitsmedizin. Dort absolvierte ich die Weiterbildung zur Fachärztin für Arbeitsmedizin/Umweltmedizin.“ All ihre Qualifikationen passten einfach für diese Tätigkeit im Hauptamt in der BÄK.
BÄK: Zukunft gestalten
Die Bundesärztekammer mit Sitz in Berlin ist die Spitzenorganisation der ärztlichen Selbstverwaltung in Deutschland. Die 1947 gegründete Arbeitsgemeinschaft der 17 Landesärztekammern vertritt die berufspolitischen Interessen der Ärztinnen und Ärzte in Deutschland und arbeitet den LÄK zu. Die Geschäftsstelle in Berlin beschäftigt rund 160 Menschen.
Was hat die BÄK für die Arbeitsmedizin erreicht?
Unter anderem verabschiedete der Vorstand der BÄK im Jahr 2000 das erste Kursbuch Arbeitsmedizin/Betriebsmedizin, das fortan von den Weiterbildungsakademien für die Wissensvermittlung genutzt wird. In der Folgezeit wurde das Kursbuch nach aktuellen Erfordernissen weiterentwickelt. Unter anderem erhielt die Vermittlung von Fertigkeiten zum betrieblichen Gesundheitsmanagement und zum Erhalt der psychischen Gesundheit der Arbeitnehmenden mehr Raum im Kursbuch. Im Jahr 2010 veröffentlichte die BÄK 2010 das Handbuch „Familienfreundlicher Arbeitsplatz – Lebensqualität in der Berufsausübung“. Dr. Schoeller: „Das habe ich nach einem eigenen Konzept mit einer Autorengruppe umgesetzt.“ Dieses Thema ist heute aktueller denn je. Denn die jüngere Generation hat den Wunsch Familie und Arbeit vereinbaren zu können. „Absolut nachvollziehbar“, ergänzt sie.
Aktuell steht die „Telemedizin in der Arbeitsmedizin“ im Versorgungssektor „Arbeitswelt“ im Fokus, berichtet die Wahl-Berlinerin: „Wir sehen für die Arbeitsmedizin eine große Chance in der Telemedizin – sie spart Zeit und Wege. Daher organisierte die Bundesärztekammer u. a. eine Veranstaltung zur Thematik mit namhaften Referenten und Referentinnen aus der Arbeits- und Betriebsmedizin. Fast 600 Menschen nahmen teil, der Großteil per Streaming.
Was sie an ihrer Arbeit besonders freut? „Dass wir dazu beitragen konnten, den sogenannten „Flaschenhals“ zur Weiterbildung in der Arbeits- und Betriebsmedizin zu öffnen“, erläutert sie. Früher konnten nur Ärztinnen und Ärzte mit mindestens einer zweijährigen Weiterbildungszeit in der Inneren Medizin die Weiterbildung absolvieren, heute – seit der Novellierung der (Muster-) Weiterbildungsordnung (MWBO) 2018 – können sie alle durchführen, die eine Weiterbildung „in der unmittelbaren Patientenversorgung“ vorzuweisen haben.
Was treibt Frau Dr. Annegret E. Schoeller an?
„Meine Begeisterung“, sagt sie. „Wir in der Arbeits- und Betriebsmedizin sind DIE umfassende präventivmedizinische Kompetenz für die psychische und physische Gesundheit in dem Versorgungssektor Arbeitswelt“. Darüber hinaus sieht sie in der sektorübergreifenden arbeitsmedizinischen Versorgung eine große gesamtgesellschaftliche Chance: „Wir leben in einer alternden Gesellschaft, bei gleichzeitiger Zunahme von chronischen Krankheiten. Hier besitzt unsere präventivmedizinische Arbeit eine herausragende soziale Bedeutung. Arbeitsmedizinisches Wissen in der sektorübergreifenden Versorgung zwischen medizinischer Prävention, ambulanter und stationärer Versorgung sowie Rehabilitation einzubeziehen, ist mehr als nur sinnvoll. Es ist notwendig, um unser Gesundheitssystems deutlich zu verbessern“, so Dr. Annegret E. Schoeller. Das sei zwar bis auf ein Projekt der DGAUM in weiten Teilen noch eine Vision, „aber das war die Telemedizin auch“, so die engagierte Ärztin. Man ahnt es: Es wird sie eher beflügeln, als aufhalten.