28.08.2024

„Geschafft, ich bin jetzt Fachärztin für Arbeitsmedizin!“

Seit August 2024 ist Dr. Eva Brantzen, 2018 Stipendiatin des Aktionsbündnisses, Fachärztin für Arbeitsmedizin. Bereits 2011 hatte sie ihr Medizinstudium mit Approbation und Promotion erfolgreich abgeschlossen – und bekam dann vier Kinder. „Man muss halt dranbleiben“, scherzt die 39-Jährige.

Liebe Frau Dr. Brantzen, herzlichen Glückwunsch zum Facharzttitel!

Ja, was für eine intensive Zeit! Studium, Promotion, zwei Jahre Weiterbildungszeit als Assistenzärztin auf der Inneren, Weiterbildung am Lehrerinstitut, Mentorin für das Aktionsbündnis und meine vier Kinder! Aber: Es geht.

Wie haben Sie den Weg zur Arbeitsmedizin gefunden?

Nach der Geburt meines dritten Sohnes 2017 habe ich in der Elternzeit gemerkt, dass ich nicht mehr in die Klinik zurückgehen möchte. Der Stationsdienst war keineswegs mit meiner Familie vereinbar. Ich habe dann über Gespräche in meinem Freundeskreis die Arbeitsmedizin entdeckt. Bereits im Frühjahr 2018 konnte ich bei einem überbetrieblichen Dienst eines großen Technologieunternehmens und dem Institut für Lehrergesundheit hospitieren. Das war für mich so überzeugend, dass ich mich für eine Tätigkeit in dem Fach entschieden habe.

Warum mehrere Hospitationen?

Weil man nur so einen einigermaßen realistischen Einblick in die Vielfalt des Fachgebietes erhält. Das empfehle ich wirklich allen, die sich für eine arbeitsmedizinische Tätigkeit interessieren: Bitte lernt unterschiedliche Unternehmen, Praxen oder überbetriebliche Dienste von innen kennen. Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmediziner können ja vielfältig beschäftigt sein: als festangestellte Betriebsärztinnen und -ärzte in einem großen Unternehmen, als niedergelassene Ärztinnen und Ärzte mit eigener Praxis oder als Teil eines überbetrieblichen Teams, das von der Eckkneipe über die Kita bis zur Fabrik die unterschiedlichsten Branchen betreut.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Arbeitsmedizin und Betriebsmedizin?

In der Tätigkeit vor Ort … keiner! Beide sind exzellent ausgebildet. Der Unterschied liegt in der Intensität der arbeitsmedizinischen Weiterbildung: Der Facharzttitel Arbeitsmedizin setzt eine dreijährige Weiterbildung im Fach Arbeitsmedizin voraus, die Zusatzbezeichnung Betriebsarzt hingegen rund ein Jahr. Denn: Wer sich betriebsärztlich weiterbilden will, ist bereits Fachärztin oder Facharzt in einem patientennahen Fach. Die satteln die arbeitsmedizinische Expertise auf ihren bereits bestehenden Facharzttitel drauf. Und bringen durch ihren Weg der Weiterbildung für die Arbeitsmedizin überaus wertvolle Expertisen mit, beispielsweise aus der Psychiatrie, Orthopädie oder als Internisten und Internistinnen.

Sie haben sich für eine Laufbahn als Arbeitsmedizinerin entschieden.

Weil ich bereits zwei Jahre Weiterbildungszeit als Assistenzärztin in einer Klinik in der Inneren Medizin gearbeitet hatte und damit die Voraussetzung erfüllte, gleich in die dreijährige arbeitsmedizinische Weiterbildung einsteigen zu können. Ich musste nicht mehr in die Klinik zurück.

Was raten Sie jungen Studierenden, die sich für eine Tätigkeit in der Arbeitsmedizin interessieren? Wie sollten Sie vorgehen?

Erst mal in das Fach hineinschnuppern, etwa mit einer einmonatigen Famulatur und einem Tertial im Praktischen Jahr. Nach der Approbation sollte man zwei Jahre in einem patientennahen Fach arbeiten und herausfinden, was man möchte. Viele angehende Ärztinnen und Ärzte wollen zunächst kurativ tätig sein, Erkrankungen diagnostizieren, Menschen behandeln und heilen.

Ist das nicht der Wermutstropfen? Als Arzt oder Ärztin nicht heilen zu können?

Das sehe ich anders. Es ist richtig, dass Arbeitsmedizin eine sprechende und präventive Medizin ist. Wir beraten und schützen Patientinnen und Patienten vor Unfall und Krankheit. Dafür benötigen wir das komplette medizinische Fachwissen. Wir brauchen wirklich alle: die Gynäkologin für den Mutterschutz, den Orthopäden für die sehr häufigen muskuloskelettalen Erkrankungen, die Dermatologin für sämtliche Exzeme durch Gefahrstoffe und das Hautarztverfahren. Das ist das eigentlich Faszinierende an unserem Fach.

Dr. Eva Brantzen

Fachärztin für Arbeitsmedizin am Institut für Lehrergesundheit, unter dem Dach des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin an der Universitätsmedizin Mainz

Mehr informationen über Dr. Eva Brantzen und ihre Tätigkeiten und Erfahrungen.

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